Das Lied der Franken
Der Dichter Viktor von Scheffel schrieb 1859 auf seinen Reisen durch
das Frankenland sein Gedicht Wanderfahrt, das bereits 1861 von Valentin Becker zum berühmten Frankenlied vertont wurde.
- Wohlauf die Luft geht frisch und rein, wer lange sitzt muß
rosten; den allerschönsten Sonnenschein läßt uns der
Himmel kosten. jetzt reicht mir Stab und Ordenskleid der fahrenden
Scholaren, ich will zu guter Sommerzeit ins Land der Franken fahren!
Valerie, valera, valerie, valera, ins Land der Franken fahren.
- Der Wald steht grün, die Jagd geht gut, schwer ist das Korn
geraten; sie können auf des Maines Flut die Schiffe kaum verladen.
Bald hebt sich auch das Herbsten an, die Kelter harrt des Weines;
der Winzer Schutzherr Kilian beschert uns etwas Feines.
Valerie, valera, valerie, valera, beschert uns etwas Feines.
- Wallfahrer ziehen durch das Tal mit fliegenden Standarten; hell
grüßt ihr doppelter Choral den weiten Gottesgarten. Wie
gerne wär' ich mitgewallt, ihr Pfarr' wollt mich nicht haben!
So mußt ich seitwärts durch den Wald als räudig Schäflein
traben
Valerie, valera, valerie, valera, als räudig Schäflein traben.
- Zum heil'gen Veit von Staffelstein komm'ich empor gestiegen und
seh' die Lande um den Main zu meinen Füßen liegen. Von
Bamberg bis zum Grabfeldgau umrahmen Berg und Hügel die breite,
stromdurchglänzte Au ' ich wollt', mir wüchsen Flügel.
Valerie, valera, valerie, valera, ich wollt mir wüchsen Flügel.
- Einsiedelmann ist nicht zu Haus, dieweil
es Zeit zu mähen; ich seh ihn an der Halde drauß bei einer
Schnittrin stehen. Verfahrner Schüler Stoßgebet
heißt: Herr, gib uns zu trinken! Doch wer bei schöner Schnittrin
steht dem mag man lange winken.
Valerie, valera, valerie, valera, dem mag man lange winken.
- Einsiedel, das war mißgetan, daß du dich hubst von
hinnen! Es liegt, ich seh's dem Keller an, ein guter Jahrgang drinnen.
Hoiho! Die Pforten brech' ich ein und trinke, was ich finde. Du heil'ger
Veit von Staffelstein, verzeih mir Durst und Sünde.
Valerie, valera, valerie, valera, verzeih mir Durst und Sünde.
J. Viktor von Scheffel
Schöner als in diesem Lied kann das Obere Maintal, der "Gottesgarten",
wohl kaum beschrieben werden. Viktor von Scheffel sah den Einsiedelmann
Ivo bei einer Schnitterin stehen. Diese "Getreidemäherin"
hieß Eva Lämmlein und stammte aus dem Anwesen, auf dem sich
jetzt der Gasthof "Zur schönen Schnitterin" befindet.